Siegfried im Badischen Staatsteater

Tja, womit fange ich an? Mit dem Sänger des Titelhelden: Erik Fenton. Er hielt die Riesenpartie des Siegfried nicht nur durch, er gestaltete Text und Rolle  zupackend und intelligent. In ganz wenigen Momenten hörte ich seine US-amerikanische Herkunft durch, aber so what - man nimmt's zur Kenntnis und hört drüber weg. Bei Brünnhildes Erwachen ging er neben der in jeder Hinsicht überragenden Heidi Melton nur ein bisschen in die Knie, das will ja auch schon was heißen. Neu auf der Bühne war auch Uliana Alexyuk als Waldvogel, hier hätte ich eine zwitscherleichte Stimme mit weniger Vibrato vorgezogen. Renatus Meszar als Wanderer verkörperte den traurigen Gott, dem der pubertierende Enkel frech auf der Nase herumtanzt. Matthias Wohlbrecht und Jaco Venter als Mime und Alberich überzeugten als gierig-verschlagene Nibelungen, Avtandil Kaspeli als Fafner und Katharine Tier in der Rolle der Erda ergänzten das insgesamt hervorragende Ensemble. Glücklicherweise ging der Regisseur Thorleifur Örn Arnarsson ebenso witzig und detailliert zu Werke wie seine Vorgänger im Rheingold und in der Walküre, auf der Bühne ging es meist quirlig und sehr lebendig zu. Merkwürdigerweise fand Brünnhildes Erwachen zu Beginn komplett als Erzählung und nicht als Bühnenhandlung statt - der Spannungsbogen der Oper sackte hier ordentlich durch, und die Zuhörerin musste sich daran gewöhnen, dass es hier nichts zum Schauen, sondern nur etwas zu hören gab. Die Bühne von Vytautas Narbutas glich einer riesigen Puppenstube mit Fafner auf der Galerie, vollgestopft mit sehr naturalistischen Möbeln, Utensilien, Statuen, Büsten, Kisten, Kasten und Werkzeug, Herd und Kinderwagen. Damit die Zuhörerin in diesem Wimmelbild nicht den Blick fürs Wesentliche verlor, setzte Sunneva Ása Weisshappel, für Kostüme und Video verantwortlich, auf in riesigem Video eingespielte Augen, die die fein erspürten Emotionen der Dramatis personae ausdrückten. Sehr witzig die Idee, Siegfried in Heldenkostüme zwischen barocker Oper und Superman zu stecken und die der Mischung für das neue Schwert Nothung beizufügen. Ein bisschen Poesie und Naturzauber kam durch den schwebenden Waldvogel und seine Kolleginnen auf die Bühne, mehr Witz als Wagner, dass Siegfrieds Hornmotiv von einem in ein knallbuntes Clownkostüm gesteckten Hornisten - Dominik Zinsstag - auf der Bühne geblasen wurde. Möglicherweise waren es solche Momente, die einen nicht kleinen Teil des Publikums zu Buhs für das Regieteam veranlasste. Die Badische Staatskapelle und GMD Justin Brown hielten das vorzügliche Niveau, das sie im Rheingold und in der Walküre vorgelegt haben, und musizierten klangschön und mit viel Sinn für den Atem der Sängerinnen und Sänger auf der Bühne. 

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