Die Walküre im Badischen Staatstheater

So rasant David Hermann mit dem Rheingold angefangen hat, so kurzweilig ging es in Yuval Sharons Walküre, die am 11.12.2016 im Badischen Staatstheater Karlsruhe Premiere hatte, weiter.  Der erste Akt ist bei der Walküre, was eine gewisse Zähheit betrifft, ja eher kein Problem, vorausgesetzt, man hat gute Interpret*innen, die Siegmund und Sieglinde stimmlich und darstellerisch überzeugend rüberbringen. Ich finde, dass Peter Wedd und Katherine Broderick ihre Sache richtig gut gemacht haben, obwohl beide nicht in die Nähe eines Traumtimbres kommen. Erhebliche Anforderungen an das Durchhaltevermögen von Sänger und Publikum stellt die schier endlose Rekapitulation des Geschehens im Rheingold im zweiten Akt der Walküre. Erst der ausführliche Ehekrach zwischen Wotan und Fricka - Renatus Meszar und die grandiose Ewa Wolak -, dann der Dauermonolog. In der ersten Inszenierung des Ring des Nibelungen, die ich  Anfang der 1980er Jahre gesehen habe, standen da zwei Menschen auf einer blaugrün beleuchteten Scheibe rum, einer sang, eine hörte zu. Eine gefühlte Ewigkeit ... Sharon hatte die hervorragende Idee, die Wotan-Erzählung mit Bildern aus dem Rheingold zu illustrieren. Fantastisch! Erstens kam keine Langeweile auf, zweitens gab es dadurch eine sichtbare Klammer zum Vorabend. Eine weitere Verständnishilfe sind die Übertitel auf Englisch und Deutsch: Wagners mythenschwangeres Geraune wird dadurch endlich verständlich. Eigentlich ein Witz, aber auch eine Illustration des Historismus. Ich hatte Bedenken, dass Renatus Meszar den Walküre-Wotan bewältigt, aber, Hut ab, das war eine reife und kluge Leistung! Sehr souverän nach kurzen Anlaufschwierigkeiten auch Heidi Melton als Brünnhilde - diese Stimme scheint, was das Volumen betrifft, keine Grenzen zu kennen. Sehr witzig der "Ritt der Walküren", dem Jason H. Thompson in einem Video einen ganz besonderen Dreh verleiht. Der Walkürefelsen im ewigen Eis, Brünnhilde im tiefgefrorenen Schneewittchensarg, dazu die Waberlohe wie ein Vulkanausbruch - gewaltige, wenn auch nicht ganz schlüssige Bilder. Die Walküren klangen leider nicht ganz so toll, aber das tun sie ja außerhalb von Festspielen nie, weil da Dreiviertel des weiblichen Ensembles ranmuss. Dabei kann kaum was auch nur annähernd Homogenes rauskommen. GMD Justin Brown hatte den Laden gut im Griff - ich meine, bei Brünnhildes Auftritt im zweiten Aufzug (ach ja, das Gedächtnis!) gab es kurz Irritationen im Orchester und auf der Bühne, aber das ist schon fast gebeckmessert. Die Badische Staatskapelle nahm sich zurück, so dass die Sängerinnen und Sänger fast immer gut zu hören waren, sie musizierte präzise und zumeist klangschön. Das dicke Blech fand ich zuweilen etwas zu wenig geschmeidig, aber vielleicht muss das bei Wagner so sein ... Wen habe ich noch nicht: Die Bühne von Sebastian Hannak und die Kostüme von Sarah Rolke. Was soll ich sagen? Die Kostüme zwischen Gestern und Übermorgen fand ich okay bis witzig, bei der Bühne gab es schon ein paar zwingende Momente (definitiv nicht im dritten Aufzug).  Die beste Idee war sicher die Rolltreppe im zweiten Akt, auf der sich Wotan und Fricka streiten - wer gerade das bessere Argument hat, steht oben, logisch, oder?!?

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